Katrin und Luisa lernte ich etwa vor einem Dreivierteljahr kennen. Die beiden hatten sich für den Abschluss ihres Masterstudiums ein ebenso tolles wie zeitintensives Projekt ausgesucht: Sie wollten eine E-Learning-Plattform speziell für ehrenamtlich Aktive schaffen.
In Eigenleistung erstellten Luisa und Katrin Onlinekurse zu Öffentlichkeitsarbeit oder Wissensmanagement, sammelten Informationen zu Teamkommunikation, erarbeiteten sich Podcast- und Videoformate. Nach vielen Monaten Arbeit ist die für Vereine und Aktive kostenlose Plattform nun online nutzbar. Ich freue mich, dieses großartige Projekt rund um gute Kommunikation im Ehrenamt sowie die Initiatorinnen hier auf dem Blog vorstellen zu können.
Liebe Luisa, liebe Katrin, was ist „erzähl davon“?
Luisa: “erzähl davon” ist eine Onlineplattform, mit der wir Vereine, Hochschulgruppen und soziale Initiativen dabei unterstützen, ihre Vision erfolgreich zu verwirklichen – durch eine bessere Kommunikation. Wir glauben, dass gute Kommunikation für den Erfolg von Vereinen essentiell ist. Um sie zu unterstützen, haben wir zehn Onlinekurse entwickelt: Öffentlichkeitsarbeit, Pressearbeit, Social Media, Website/Blog, Digitale Teamkommunikation, Wissensmanagement, Teamleitung, Teamkultur, Ehrenamt & Karriere sowie Zeitmanagement. Außerdem gibt es auf der Plattform eine Möglichkeit zum Austausch.
Katrin: Die Idee zu der Plattform entstand während unseres Medienwissenschaft-Studiums an der Uni Tübingen und wir haben es dann zum Thema unserer Masterarbeit gemacht. Mittlerweile haben wir den Abschluss in der Tasche.
Das Projekt möchten wir jedoch deshalb nicht beenden. Erstens haben wir in den letzten Monaten von verschiedenen Seiten sehr viel Zuspruch für unser Projekt bekommen und zweitens liegt uns persönlich das Thema am Herzen.
Wie seid Ihr zu diesem Projekt gekommen?
Katrin: Ich habe mehrere Jahre in einer Hochschulgruppe mitgearbeitet und durch ein anderes Projekt Kontakt zu Initiativen aus der Flüchtlingshilfe aufgebaut. Dabei gibt es immer wieder die gleichen Probleme: In Hochschulgruppen zum Beispiel ist es die Fluktuation. Die Studis sind nur ein paar Semester dabei und verlassen dann die Uni-Stadt. Dadurch geht Wissen verloren, die Teamdynamik ändert sich dauernd und wenn man es nicht schafft, Strukturen zu schaffen, die von Einzelpersonen unabhängig sind, kann der ganze Verein den Bach heruntergehen. Aus dieser Erfahrung heraus entwickelte ich die Idee zu einer E-Learning-Plattform, auf der Mitglieder von Vereinen & Co lernen können, wie sie diese häufigen Probleme bewältigen können. Ich wusste, dass das ein Mammutprojekt ist und alleine nicht zu bewältigen. Deshalb habe ich Luisa von der Idee erzählt und gehofft, dass sie Lust auf das Thema hat. Wir haben bereits bei einem anderen großen Uni-Projekt zusammengearbeitet und wussten, dass sich unsere Fähigkeiten gut ergänzen. Ich habe den didaktischen Hintergrund und bastele gerne mit der Technik, während Luisa schon ihre Qualitäten als Reporterin unter Beweis gestellt hatte und sich wünschte, Kreativität in ihre Masterarbeit einfließen zu lassen. Luisa sagte zu und gemeinsam konzentrierten wir uns auf das Oberthema Kommunikation.
Was oder wen wollt Ihr mit “erzähldavon” erreichen?
Luisa: Unsere Plattform richtet sich an Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und Lust haben, etwas in ihrem Verein zu bewegen und Neues auszuprobieren. Unsere Kurse verfolgen das Konzept der “Hilfe zur Selbsthilfe”. Die Aufgaben, Übungen und Arbeitsblätter in unseren Kursen muss jeder Verein auf das eigene Thema und die eigenen Zielvorstellungen beziehen. Und das muss jemand in die Hand nehmen.
Vereine brauchen unbedingt solche “Zugpferde”, die Projekte vorantreiben und sich mit Eifer einbringen. Diese Personen profitieren auch selbst davon: Sie können sich in verschiedenen Bereichen ausprobieren und die eigenen Stärken kennenlernen. Das kann vor allem auch für Student*innen bezüglich der späteren Berufswahl spannend sein.
Katrin: Es ist unser Ziel, den Engagierten Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie sonst nicht oder nur mit viel Aufwand zusammensuchen könnten. Wir denken da zum Beispiel an Vereine in ländlichen Räumen, die für eine Fortbildung erst in die nächste Großstadt fahren müssen. Mit E-Learning machen wir Weiterbildung viel einfacher.
Ihr habt einen Podcast zum Projekt entwickelt. Wen stellt Ihr dort vor?
Katrin: Unser Podcast ist aus dem Wunsch entstanden, Praxistipps von Ehrenamtlichen zu sammeln und für andere zugänglich zu machen. Mittlerweile haben wir in unserem Podcast eine Mischung aus Interviewfolgen mit Gästen aus der Praxis, Expertinnen und Experten sowie Folgen, die Luisa und ich alleine aufnehmen.
Luisa: Durch den Podcast kommen wir direkt mit Ehrenamtlichen in Kontakt und lernen dabei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten kennen. Die Gespräche mit diesen Menschen sind immer spannend und sehr bereichernd, weil wir persönliche Geschichten hören und erfahren, aus welchen Gründen sich Menschen ehrenamtlich engagieren.
Es ist einfach schön zu sehen, mit welcher Begeisterung sich Menschen für Themen einsetzen und diese Energie reißt einen einfach mit.
Damit nennt Ihr den Grund, warum ich diese Interviewreihe ins Leben gerufen habe. Volle Zustimmung also!
Was denkt Ihr: Was brauchen Vereine und soziale Initiativen am meisten? Wo liegen die größten Probleme?
Katrin: Ich denke, man muss es den Ehrenamtlichen leichter machen, sich zu engagieren. Dazu gehören Faktoren von außen, also der Abbau von Bürokratie und anderen Hürden oder die Förderung des Engagements in der Gesellschaft.
Aber auch innerhalb des Vereins müssen die Bedingungen stimmen. Ich habe schon viele Ehrenamtliche gesehen, die frustriert waren, weil zum Beispiel die interne Kommunikation nicht stimmte.
Luisa: Es ist auch wichtig, dass das eigene Engagement Früchte trägt und man Erfolge sieht. Die Ziele sollten deshalb nicht zu hoch gesteckt sein. Besser ist es, in kleinen Schritten zu denken und die Erfolge dann aber auch gemeinsam zu feiern. Ein funktionierendes Team aus Personen, die sich gegenseitig respektieren und schätzen und unterschiedliche Kompetenzen mitbringen, ist unersetzlich. Wenn das Team stimmt, ist es auch einfacher, andere für den Verein zu begeistern und mit ins Boot zu holen.
Welche Bedeutung hat das Ehrenamt in der Gesellschaft?
Luisa: Sinnsuche und Work-Life-Balance sind große Themen unserer Zeit und jeder von uns sehnt sich doch danach, etwas Sinnstiftendes zu tun. Viele Menschen suchen das vergeblich in ihrer Arbeit. Ehrenamtliches Engagement bietet hier die tolle Möglichkeit, sich für Themen einzusetzen, die einem persönlich am Herzen liegen. Das Gefühl, etwas zu bewegen, zu helfen und aktiv gestalten zu können, ist erwiesenermaßen ganz wesentlich für unsere persönliche Zufriedenheit.
Sollte das bedingungslose Grundeinkommen bald Realität werden, kommt dem Ehrenamt womöglich noch einmal eine ganz neue Rolle zu. Fragen danach, wie wir unsere Zeit sinnvoll investieren, werden auch in Zukunft nicht an Bedeutung verlieren.
Ihr habt eine Community um erzähl davon aufgebaut. Aktuell sprechen alle davon, dass es ohne Online-Community überhaupt nicht mehr geht. Wie seht Ihr das, was sind die Vor- aber auch die Nachteile?
Katrin: Ich denke, es ist auf jeden Fall ein großes Ziel, eine Online-Community zu seinem Thema aufzubauen. Luisa und ich möchten Ehrenamtliche miteinander verbinden, weil wir viele Vorteile sehen: Man kann Erfahrungen austauschen, Gleichgesinnte treffen, Tipps und Motivation daraus ziehen. Die Nachteile sind, dass man Geduld braucht und natürlich viel Arbeit reinstecken muss. Der Aufbau einer Community ist kein Selbstläufer.
Was hat Euch das Projekt ganz persönlich gebracht?
Katrin: Auch wenn es streckenweise anstrengend ist, macht es natürlich wahnsinnig viel Spaß, so ein Projekt ganz neu aus dem Boden zu stampfen. Vor allem das Podcasten hat mir viel Spaß gemacht und wie wahnsinnig schnell und schön man dadurch eine Verbindung zu den Interviewpartner*innen aufbauen kann! Darüber hinaus ehrt es mich, dass Leute schon auf uns zugekommen sind, die unsere Plattform kennen und uns um Hilfe für ihren Verein bitten oder Aufträge anbieten.
Luisa: Das sehe ich ganz genauso wie Katrin. Ich finde es toll, dass wir durch das Projekt mit ganz unterschiedlichen Menschen in Kontakt kommen. Darüber hinaus ist die Arbeit an der Plattform total vielseitig: Interviews führen, Texte schreiben, zeichnen, Videos produzieren und schneiden, Konzepte erstellen, technische Entscheidungen. Ich habe in den letzten Monaten sehr viel Neues gelernt und bin glücklich, dass ich mich im Rahmen der Masterarbeit so umfangreich verschiedenen Themen widmen konnte.
Ihr seid gerade fertig mit Eurem Master. Dazu ganz herzlichen Glückwunsch! Wisst Ihr bereits, wie es jetzt mit Euch und auch dem Projekt weitergeht?
Katrin: Danke! Wir haben auf jeden Fall noch eine Menge Themen und Rohmaterial auf Lager. Daraus möchten wir weitere Kurse konzipieren. Wir sind gerade auf der Suche nach einem passenden “Rahmen” dafür.
Was wünscht Ihr Euch für Eure Zukunft? Vielleicht Öffentlichkeitsarbeit in einem tollen, gemeinnützigen Verein? ?
Luisa: Durch die Arbeit an erzähl davon habe ich gemerkt, welche Themen mir wichtig sind und Spaß machen. Dazu gehört ganz klar der Austausch mit anderen Menschen und kommunikative Arbeit. Ich bin gespannt, wohin die Reise nach dem Master nun geht und freue mich auf spannende, neue Projekte.
Katrin: Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit wird definitiv ein Bestandteil meiner Arbeit bleiben. Mein Ziel ist es, weiterhin sehr abwechslungsreich zu arbeiten und mich mit verschiedenen Medien, Menschen und Zielen zu beschäftigen.
Hand aufs Herz: Wollt Ihr die Welt retten?
Beide: Ja! Das klingt vielleicht bescheuert oder naiv, aber was ist denn die Alternative? Den Status Quo akzeptieren? Nein, danke.
Es gibt genug Sachen, die in der Welt schief laufen, oder in Deutschland, oder in unserer Nachbarschaft. Da sollte jede*r etwas gegen tun wollen.
Danke Euch zwei für das Interview!