#Wertschätzung2016. Mit diesem Schlagwort versah eine Bekannte vor kurzem einen Beitrag auf facebook. In diesem Beitrag drückte sie ihr Mitgefühl für die Mitarbeitenden einer Kinder- und Jugendhilfe aus. Deren Träger hatte den 250 Angestellten ein Teelicht als Weihnachtsgeschenk überreicht.
Was zunächst nach einer witzigen Aktion eines gemeinnützigen Trägers klingt, wirkt im gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet eher zynisch. Denn Mitarbeitende von sozialen Einrichtungen und ehrenamtlich Helfende erhalten häufig von keiner Seite Anerkennung für ihre Arbeit. Nicht vom Träger, nicht von der Gesellschaft.
Das Problem dabei: Wir können fehlende Wertschätzung durch die Gesellschaft, die Träger oder die Arbeitgeber nicht endlos aus uns selbst heraus kompensieren. Die sozialen Berufe genießen nur wenig Ansehen. Sie sind in aller Regel bei langen Arbeitszeiten und anstrengenden Tätigkeiten schlecht bezahlt. Wenn ein Mensch sagt, er sei Sozialarbeiter, reagieren viele mit der Frage, warum er nichts Ordentliches gelernt habe. Wie soll da Wertschätzung für die eigene Arbeit aufrecht erhalten werden?
Was kostenlos ist, hat keinen Wert
Fast noch schlimmer ist es im Ehrenamt. Was nichts kostet, taugt auch nichts – das haben wir verinnerlicht. Arbeit, die freiwillig und unbezahlt gegeben wird, hat damit keinen Wert. Wenn ich den Wert der Arbeit thematisiere und die Wichtigkeit des sozialen Engagements heraushebe, finde ich mich häufig in Diskussionen wieder. Das Thema dieser Diskussionen: Die Dankbarkeit der Menschen, denen geholfen wird, muss genug sein. Eine Annahme, die mir immer wieder in unterschiedlichen Kontexten begegnet. Und ins Absurde rutscht, bedenken wir die große Zahl an Menschen, denen diese Dankbarkeit überhaupt nicht begegnet, weil sie zum Beispiel nicht im direkten Kontakt, sondern in der Verwaltung arbeiten.
Das Lächeln der Kinder, die Freude der Jugendlichen, die Anerkennung der Erwachsenen als Lohn? Hier wird Wertschätzung mit Motivation verwechselt. Die Reaktionen der Menschen sind der Grund, warum diese Arbeit trotz geringer oder keiner Bezahlung als lohnend erfahren wird. Es ist das, was Menschen einmal dazu gebracht hat, sich auf diese Weise zu engagieren. Die Motivation ist zentral, sie ist sinn- und bedeutungsstiftend. Aber auch Anerkennung von einem „Außen“ ist wichtig. Ob vom Träger in Form von Bestätigung und Mitgefühl, ob durch kleine monetäre Anerkennungen, oder durch Dank und Wertschätzung von der Gesellschaft. Letzteres kann unterschiedlich aussehen. Im folgenden ein paar Beispiele.
Direkte Anerkennung hilft
Im letzten Jahr überlegte sich Richard Zinken aus meinem Online-Netzwerk etwas sehr Schönes. Richard ist Hobbyfotograf und stellte aus einer Bilderserie, die er „Betthupferlbilder“ nennt, eine kleine Auswahl zusammen. Die Fotos ließ er drucken, und mithilfe der mitgelieferten CD-Box können die Bilder aufgestellt werden. 100 kleine Bilderboxen ließ er anfertigen – und verschenkte sie an Menschen, die sich 2015 für die Geflüchteten einsetzten. Eine wundervolle Idee und besondere Anerkennung ehrenamtlicher Arbeit. In einer solchen Geste steckt viel Kraft.
Vor kurzem wurde in der facebook-Gruppe „Blogger für Flüchtlinge“ ein Aufruf geteilt. Gesucht werden kleine Weihnachtsgeschenke für die Crew der Aquarius, einem Rettungsschiff auf dem Mittelmeer, das auch an Heiligabend Dienst haben wird. Diesen Menschen, die ihren Dezember auf See verbringen und ihre eigenen Familien vermissen, eine kleine Anerkennung zukommen zu lassen, ist eine wunderbare Idee. Wer sich beteiligen möchte, sollte Kontakt zur Gruppe suchen.
Aber es geht auch direkter. Mit einer Umarmung, einem kleinen Geschenk oder einem netten Brief für die Menschen, die sich in unserer Umgebung für andere einsetzen. Die Erzieher, Pfleger, Sozialarbeiterinnen und Ehrenamtlichen haben ein Recht auf unsere Unterstützung und unsere Anerkennung. Vielleicht können wir das Lohnniveau nicht anheben, oder ehrenamtlich Helfenden ein Gehalt ermöglichen (obwohl ich mit „karmajob“ dafür ja einen Weg vorschlage … just saying ;)). Aber wir können zeigen, dass ihr Einsatz nicht selbstverständlich ist.
Wir lassen viele dieser Menschen allein. Ihre Arbeit ist sinnstiftend, aber sie ist auch hart, fordernd und emotional sehr auslaugend. In der Weihnachtszeit spenden viele Menschen besonders gerne für gute Zwecke. Die Helfenden werden dabei aber oft vergessen. Ein allgemeines Problem, über das ich im nächsten Jahr hier ausführlicher berichten möchte. Vielleicht können wir anfangen, für die Menschen, die sich sozial engagieren, dieses „Außen“ zu sein. Und mehr Wege finden, den Helfenden Wertschätzung und Anerkennung entgegen zu bringen. Über Deine Ideen dazu würde ich mich sehr freuen!