Bei der Initiative Sweet Home Heidelberg bin ich seit Längerem aktiv. Als die Pädagogische Hochschule mir in einem Lehrauftrag die Gelegenheit bot, die Arbeit dort mit einem Hands-On-Seminar zu verknüpfen, freute ich mich sehr darauf. Ich vermittelte einer kleinen, engagierten Gruppe Studierender Wissen und Maßnahmen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Gemeinsam sprachen wir auch über die Besonderheiten der Zusammenarbeit mit sozialen Initiativen. In dem praxisorientierten Seminar brachten sich die Studierenden schnell und tatkräftig in die Arbeit der Initiative ein. Auf diese Weise entstand unter anderem die Ausstellung “Sweet Home Gambia”. Ein kleiner Rückblick.
Die Heidelberger Initiative Sweet Home bringt seit etwa zwei Jahren Menschen zusammen. Jeden Montag Abend kocht eine Gruppe Gambier für alle, die mithelfen und mitessen wollen. Sie schaffen damit einen Raum für Begegnungen, zum Kennenlernen und für gemeinsame Aktionen.
Bei einer der letzten Aktionen arbeiteten meine Studierenden und ich mit. Im Sweet Home war nämlich ein neues Gesicht aufgetaucht – der politisch engagierte Geschichtslehrer Yahya Sonko. Er musste aus Gambia fliehen, weil er die Wahrheit über das System des kleinen Landes unterrichtete. Im Gespräch mit den Initiatoren des Sweet Home Heidelberg war schnell klar: An der für Dezember geplanten Aktionswoche wollten wir uns alle beteiligen. In einer Ausstellung, die es schaffte, neben Themen wie Unterdrückung, Flucht und Leid auch das positive Lebensgefühl der Gambier zu vermitteln, erzählte Yahya von seiner Flucht und führte durch die Geschichte des westafrikanischen Landes.
Als Yahya Sonko vor etwas mehr als zwei Jahren seine Schüler über das politische System Gambias aufklärte, ahnte er bereits, welche Folgen seine Entscheidung haben könnte. Der Geschichtslehrer wollte nicht mehr hinnehmen, wie die Regierung des kleinen Landes an der Westküste Afrikas die Bewohner unterdrückte. Er sprach mit seiner Klasse über den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur und klärte sie über die stattfindende Unterdrückung der Presse- und der Meinungsfreiheit auf. Eine seiner Schülerinnen konfrontierte zu Hause ihren Vater, einen Polizeibeamten. Und Yahya Sonko landete im Gefängnis. Unter Folter sollte er versichern, vor seinen Schülern nie wieder das System in Frage zu stellen.
Nach drei Wochen setzten sie ihn auf freien Fuß. Seine Auflagen: Eine hohe Strafe und ein Gerichtsverfahren. Er wusste, dass ein Verfahren höchstwahrscheinlich eine weitere Verhaftung bedeutete. Und floh. Beinahe ein Jahr brauchte er bis nach Italien, weitere acht Monate bis zum vorläufigen Ende seiner Reise im Patrick Henry Village in Heidelberg.
Von hier aus organisierte er Proteste und die Weitergabe von Informationen mithilfe der sozialen Netzwerke. Das Ziel vieler nach Deutschland geflohener Gambier: Die Absetzung des Präsidenten Yahya Jammeh, der seit seiner Amtseinführung vor 20 Jahren das Land regierte wie ein Diktator. Am 1. Dezember wählte das Volk einen neuen Präsidenten. Nach langen Wochen des Wartens akzeptierte der abgewählte Yahya Jammeh. Für die Gambier bedeutet dies Hoffnung, dass es ihren Familien in Gambia in Zukunft besser gehen wird. Dennoch ist vollkommen unklar, was weiter passiert.
Auf der Ausstellung konnten wir mithilfe eines von meinen Studierenden gestalteten Videos über die politische Situation informieren. Bilder, Artikel und Informationen stellten die Geschichte und politische Situation des Landes dar, während im Nebenraum die gambische Band trommelte, Gitarre spielte und sang. Ein gemeinsames afrikanisches Abendessen bildete den Abschluss einer gelungenen, gut besuchten Ausstellung im DAI Heidelberg. Trotz der ernsten Themen hat es viel Freude bereitet, die Ausstellung mit zu betreuen.
(Video: Eine Arbeit der Studierenden der PH Heidelberg, CC unter Nennung der Quelle)
Wer gerne über die Projekte des Heidelberger Sweet Home informiert bleiben möchte, bekommt aktuelle Termine und Workshops auf facebook.